Haushaltsrede Kreis 2023
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!
Wir alle, die wir hier sitzen, tragen Verantwortung.
Verantwortung für die Bürger hier im Landkreis Lichtenfels, Verantwortung auch für die nachfolgenden Generationen, für unsere Kinder und für unsere Enkelkinder. Ich habe das für unsere Fraktion ausgerechnet. Wir haben zusammen 15 Kinder und 3 Enkelkinder. Pro Kopf sind wir rechnerisch für drei Jüngere direkt verantwortlich. Das wird in den anderen Fraktionen ähnlich sein. Drei Menschen, die wenn es schief geht, irgendwann mal fragen werden, „Was hast Du damals im Kreistag eigentlich gemacht?“ Das wollen wir alle hier verhindern. Wir alle wollen unserer Verantwortung gerecht werden.
Die Frage, die wir aktuell zu beantworten haben ist, werden wir mit dem hier vorliegenden Kreishaushalt unserer Verantwortung gerecht? Oder – anders ausgedrückt: Schaffen wir es mit dem hier vorliegenden Haushalt nachfolgende Generationen zu entlasten?
Das bezieht sich nicht nur auf das Finanzielle. Das bezieht sich auch auf die Projekte, die wir für 2023 planen.
Zunächst zum Vermögenshaushalt allgemein; das ist ja unser Investitionsprogramm:
Gut 80 Prozent des Vermögenshaushalts fließen in Baumaßnahmen und Vermögenserwerb. Der Vermögenshaushalt wird zu gut 48 Prozent über Kreditaufnahmen finanziert. Hatte der Landkreis Anfang 2023 knapp29 Millionen Euro Schulden, werden es zum Jahresende 40,4 Millionen Euro werden.
Die Abtragung dieser Schulden bleibt künftigen Generationen überlassen. Eine Entlastung unserer Bürger in finanzieller Hinsicht ist das also nicht.
Es stellt sich weiter die Frage, welche Projekte wollen wir angehen? Entlasten diese Projekte künftige Generationen?
Ich beschränke mich auf den Vermögenshaushalt und beginne mit der Jugend, auf die wir unsere Beschlüsse und unser politisches Tun ausrichten: Und gute Bildung ist einer der wichtigsten Standortfaktoren. Hier tut der Landkreis einiges:
Für Schulen sind heuer im Vermögenshaushalt 3,2 Mio Ausgaben vorgesehen. Insgesamt werden wir in die Schulen bis 2028 etwa 50 Mio investieren. Schon 2023 fließt viel Geld in Photovoltaikanlagen auf den Schuldächern. Wir begrüßen es sehr, dass der Kreis dezentrale Energieversorgung vorantreibt, schließlich haben wir das jahrelang gefordert; ebenso die Umrüstung auf LED.
Alle Bauprojekte und gerade Schulenbauten sind konsequent auf Emissionsvermeidung auszulegen. Die Regelwerke und Förderprogramme hinken hinterher. Wir fordern daher die Bauverwaltung auf, zu allen Bauvorhaben eine Variante vorzustellen, die hinsichtlich des CO2-Ausstoßes optimiert ist. Neue, wiederverwertbare Baustoffe und Techniken sind ebenfalls zu berücksichtigen. Auch Grünordnungspläne und Verschattung gehören von Anfang an mitgedacht. Haushaltsreste in diesem Bereich sind in Millionenhöhe vorhanden.
Ein anderer Standortfaktor ist die Mobilität:
Für Kreisstraßen und den Bauhof der Tiefbauverwaltung sind im Vermögenshaushalt 6,1 Mio Ausgaben eingepreist, der Unterhalt der Kreisstraßen nebst Tiefbauverwaltung im Verwaltungshaushalt schlägt mit 3,2 Mio zu Buche. Insgesamt 9,3 Millionen! Der Straßenbau ist der dickste Brocken in diesem Haushalt und das, obwohl wir in Bayern ohnehin schon eines der dichtesten Straßennetze weltweit haben. Schaut euch an, wie es bei Michelau aussieht! Schaut Euch an, wie es im Kelbach aussieht! Wir bauen einfach weiter!
Egal, dass die Zementherstellung für 8% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.
Egal, dass die Zerschneidung von Lebensräumen eine der Hauptursachen für das Artensterben ist.
Egal, dass bei Kies und Sand inzwischen Rohstoffknappheit herrscht und die Bauschuttdeponien voll sind.
Egal, dass der Verkehrssektor der einzige Sektor ist, der seine Hausaufgaben beim Klimaschutz nicht macht. Das hat erst jüngst wieder der Expertenrat für Klimafragen moniert.
Wir binden hier Gelder, die in den Ausbau erneuerbarer Energien und in den ÖPNV gesteckt werden sollten. Damit werden wir unserer Verantwortung gegenüber unseren Bürgern nicht gerecht!
Verantwortungsbewusst handelt, wer sich beim Klimaschutz auf den Weg macht. Das Zeitfenster dafür schließt sich. Glaubt man dem Weltklimarat gibt’s auf diesem Planeten in 80 Jahren nur noch 500 Mio Menschen! Der Weg dorthin wird für unsere Kinder alles andere als angenehm!
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Landkreises, keinen Ökostrom mehr zu beziehen, haarsträubend. Um 33.200 Euro jährlich zu sparen, werden wir in den nächsten zwei Jahren jährlich gut eine Million kWh Strom auch aus fossilen Energieträgern beziehen. Dabei sind fossile Energieträger knapp. Bei ihrer Verbrennung entstehen Treibhausgase, die uns in die Klimakatastrophe führen. Erneuerbare Energieträger sind überall vorhanden und gut fürs Klima!
Deshalb begrüßen wir ausdrücklich den Energienutzungsplan und das Projekt der Regionalwerke. Wenn das mit den Regionalwerken klappt, könnten wir unsere Bürger und Unternehmen langfristig mit billigerem Regionalstrom sicher versorgen. Mit neuen E-Bussen hätten wir die Möglichkeit, heimische Stromproduktion mit der Mobilität in Kombination zu verwirklichen. Mit Sonne und Wind aus/im Landkreis Lichtenfels unterwegs! Das nennen wir echte regionale Wertschöpfung. So bleibt das Geld im Landkreis. Das kommt allen unseren Bürgern zugute, denn so werden sie mittelfristig entlastet. Wir sollten also möglichst schnell über die Regionalwerke den entstehenden Bürgerenergiegesellschaften in die Umsetzung kommen.
Fazit:
Wir haben lange diskutiert, ob wir dem Haushalt zustimmen können. Ehrlich gesagt fällt uns das verdammt schwer. Aber der Kreis macht sich in Sachen Klimaschutz langsam auf den Weg. Das unterstützen wir. Unsere Zustimmung im nächsten Jahr wird vom Fortschritt bei den Regionalwerken abhängig sein.
Mit kreativem Einsatz und kostenbewusstem Handeln, lassen sich die Aufgaben für die Zukunft stemmen. Werden wir unserer Verantwortung für künftige Generationen gerecht!
Vielen Dank!
Lichtenfels, am 18. April 2023