Fraktionsbericht: Klimawandel trifft auch den Landkreis
„Auch Oberfranken und der Landkreis Lichtenfels bleiben vom Klimawandel nicht verschont!“ betonte Stephanie Dittrich auf der letzten Fraktionssitzung der Kreistagsgrünen. „Der Sommer 2023 hat unseren Feuerwehrleuten sehr viel abverlangt, weil sie in der Dürrephase viel mehr Brände als früher bekämpfen mussten. Am 1. Juni 2024 waren unsere Wehren in Lichtenfels wegen massiver Überschwemmungen wegen Starkregens gefordert“, ergänzte Sebastian Callens. In heißen Sommern komme es verstärkt zu Hitzetoten. Das sei vor allem bei tropischen Nächten der Fall, wenn die Temperatur nicht unter 20°C falle. Bei besonders vulnerablen Menschen, wie Kindern oder Seniorinnen und Senioren, spiele dann der Kreislauf nicht mehr mit, und es kann zu Herzversagen kommen. „Dann zählt jede Sekunde, um Wiederbelebungsmaßnahmen einzuleiten. Schon nach drei Minuten Herz-Kreislaufstillstand beginnt das Gehirn abzusterben“, wusste Barbara Schatz. Deshalb müssten Ersthelfer, meist Laien, bis zum Eintreffen der Rettungskräfte Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen. Das trauten sich jedoch viele Menschen nicht zu. Die Kreistagsgrünen fordern vor diesem Hintergrund zu prüfen, ob die Einführung einer sogenannten „Ersthelferapp“ im Lichtenfelser Leitstellenbereich realisierbar sei. Mit dieser App würden bei einem Notfall Ersthelferinnen und Ersthelfer alarmiert, die sich in der Nähe des Einsatzortes befänden, und Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen können.
Anschließend wurde die Entwicklung der Strom- und Gaspreise für Privathaushalte diskutiert. „2024 lag der Strompreis durchschnittlich bei 41,02 ct pro KWh und damit um 25 Prozent höher als vor Kriegsbeginn in der Ukraine. Noch deutlicher war der Preisanstieg beim Gas: Er lag im Schnitt mit 11,87 ct pro KWh um fast 74 Prozent höher als 2021. Für viele Bürger ist das eine enorme Zusatzbelastung“, sagte Dr. Christine Schmidt. Mathias Söllner fuhr fort: „Manche denken deshalb über alternative Heizsysteme nach, um unabhängig von der Entwicklung des Gaspreises zu werden.“ Eine Option sind Wärmepumpen, die den weiteren Vorteil haben, im Sommer kühlen zu können. Die Grünen bieten dazu am Donnerstag, den 13. Februar, um 19 Uhr einen Informationsabend zum Thema „Lohnt sich eine Wärmepumpe für mich?“ im Kulturhaus in Kösten an. Wärmepumpen wären auch für den Klimaschutz ein Gewinn!
Die Fraktion war sich einig, beim Klimaschutz schon einiges erreicht zu haben: So wurde die Klimaschutzmanagerin, Anika Leimeister, auf deren Antrag hin eingestellt. Dr. Susann Freiburg erinnerte: „Auch der Energienutzungsplan ist ein Wunsch von uns gewesen. Er wird in den nächsten Wochen veröffentlicht werden. Wir wollten das Klimaschutzkonzept von 2013 fortgeschrieben haben.“ In diesem sei erarbeitet worden, welche kommunalen Einrichtungen die größten Energieverbraucher seien und wo Einsparpotenziale bestünden. Mit der Bürgerbeteiligung seien darüber hinaus die Potenziale aller Kommunen im Landkreis für die Erzeugung von regenerativen Energien ermittelt worden. „In dem Konzept steht auch, welche Städte und Gemeinden wie viel Energie für Wärme, Mobilität und Strom verbrauchen“, so Dr. Christine Schmidt
Der Energienutzungsplan sei die Grundlage für die kommunale Wärmeplanung, die bis Mitte 2028 stehen muss. „Besonders wichtig sind mir die Potenziale für die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien, die ebenfalls beziffert werden“, sagte Barbara Schatz. „Das Potenzial an Wasserkraft bei uns ist ausgelutscht. Im Landkreis gibt es weder Fjorde noch Gebirge. Die Fallhöhen sind einfach zu niedrig. Außerdem schaden sie der biologischen Vielfalt sehr! Unsere 39 Wasserkraftwerke erzeugten laut Energie-Atlas Bayern 2022 zusammen gerade einmal knapp 14.673 MWh Strom im Jahr. Ihr Potenzial liegt laut Bayerischem Landesamt für Umwelt genau bei diesen 14.673 MWh. So viel Strom produziert eine einzige 5 MW Windkraftanlage an einem guten Standort locker!“ ergänzte Stephanie Dittrich. „Ganz anders sehen die Potenziale bei Windenergie aus. Aktuell haben wir fünf größere Anlagen, die 2022 knapp 24.000 MWh erzeugten. Das Potenzial liegt im Landkreis bei 418.260 MWh im Jahr und damit um ein 17 (!) – faches höher!“ hob Mathias Söllner hervor.
„Fast alle Kommunen bei uns im Landkreis haben finanziell zu kämpfen. Doch ein paar Bürgermeister bei uns haben noch nicht verstanden, dass sie mit Windenergie ihre klammen Kassen aufbessern können. Freilich sind Windräder ästhetisch nicht unbedingt der Brüller. Aber wenn sie Schulen und Kindergärten finanzieren können und so den Bürgerinnen und Bürgern höhere Kosten durch Gebühren ersparen, sollte man schon drüber nachdenken“, sagte Sebastian Callens.
„Es ist wie mit den Strommasten: Erst hat die niemand auf seinem Grundstück gewollt, und als die Grundstückseigentümer erkannt haben, was so ein Mast im Geldbeutel bedeutet, hätte auf jedem Acker einer hingestellt werden können.“ Dr. Freiburg bedauerte, dass im Landkreis bislang Windkraftgegner die Diskussion mit Ammenmärchen und Angstmacherei bestimmen würden. „Die Chancen werden nach wie vor nicht gesehen!“ Die Fraktion erhofft sich durch den Energienutzungsplan einen Meinungsumschwung und tritt für Bürgerbeteiligung an Windenergieprojekten oder die Gründung von Energiegenossenschaften in der Region ein. Die Fraktionsvorsitzende schloss: „Hoffentlich weht bei uns in Sachen Windkraft bald ein neuer Wind!“