Zu Besuch beim Biobauern in Kulmbach
Werden bald ganz viele Biolandwirte auf ihr Bio-Siegel verzichten müssen, weil die Europäische Union mal wieder ihre bürokratischen Zügel anzieht? Denn Bio-Rinder, -Schafe oder -Ziegen sollen auf die Weide – was nicht bei jedem Biobauern möglich sein soll. Diese EU-Ökoverordnung gibt es übrigens schon seit 23 Jahren, und sie sieht vor, dass die oben erwähnten sogenannten Raufutterfresser ab einem Alter von 16 Wochen Zugang zu einer Weide haben müssen. Die Ausnahmeregelungen, die Agrarbehörden oder Bio-Anbauverbände den deutschen Biobauern kulanterweise ermöglichten, sind nämlich ins Visier von Brüssel geraten. Nun fallen diese Ausnahmeregeln, worüber die Biobauern und natürlich der Bayerische Bauernverband (BBV) schimpfen – auf die EU und auf die Bürokratie.
Das war zumindest der Tenor der Veranstaltung, zu dem der BBV im Rahmen seiner Bio-Bayern-Tour alle oberfränkischen Landtagskandidatinnen und -kandidaten auf den Biobauernhof der Familie Grampp in Melkendorf bei Kulmbach eingeladen hatte. Natürlich nahm auch die Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen im Stimmkreis Kronach-Lichtenfels, Dr. Susann Freiburg, den Austausch gerne an. Schließlich hatte die Lichtenfelserin in diesem Jahr bereits zweimal den Biobauernhof Gut Merkendorf im Itzgrund besucht und beide Male sehr positive Eindrücke über die Biolandwirtschaft in Oberfranken sammeln dürfen.
Doch zurück in den Landkreis Kulmbach, wo die Familie Grampp ihre Milchviehhaltung seit 2017 als Biobetrieb führt und 150 Milchkühe samt der entsprechenden Nachzucht in dem 2008 erbauten Stall hält.
Auf dem Hof ist modernste Technik im Einsatz, wie sich Dr. Freiburg mit ihren Parteifreundinnen, der Coburger Kandidatin Prof. Dr. Susanne Esslinger, und der Bamberger Landtagsabgeordneten Ursula Sowa bei der Besichtigung zweier Melkroboter überzeugen konnte. Doch glaubt man Biobauer Grampp und dem oberfränkischen BBV-Präsidenten Hermann Greif aus dem Landkreis Forchheim, dürften diese Melkroboter bald keine Biomilch mehr melken, sondern nur noch konventionelle. Der Grund ist der eingangs erwähnte, wie BBV-Präsident Greif, der gleichzeitig die CSU im Gemeinderat Pinzberg und im Kreistag Forchheim vertritt, eindringlich betonte. Denn eine Weidehaltung sei für die Rinder der Grampps praktisch unmöglich. Und der Melkendorfer Biobauer nannte die Gründe: Zum einen sorge der Klimawandel dafür, dass im dürren fränkischen Sommer wegen ausbleibenden Regens kaum noch Gras auf den Weiden wachse. Zum anderen liege direkt am Hof nur ein Hektar Pachtfläche. Die übrigen 200 Feldstücke mit ihren 70 Hektar Grünland (plus 137 Hektar Ackerland) seien zu klein und für die Weide nicht unbedingt geeignet.
Doch Landtagskandidatin Dr. Susann Freiburg ist guter Dinge, dass zumindest die Grampps in Kulmbach auch trotz Weidepflicht ihren Biobetrieb weiterführen können. Der Grund für ihren Optimismus ist in einem Beitrag des Bayerischen Fernsehens über die Biobauern Grampp zu sehen, auf den der BBV dankenswerterweise in seiner ausführlichen Pressemappe hinweist.
In dem TV-Bericht vom letzten September schlägt nämlich eine Bioland-Beraterin den Grampps vor, das Problem mit einem automatischen Tor zu lösen, dank welchem die Kühe zeitlich begrenzt Zugang zur Weide erhalten. Außerdem fordert die EU laut der Bioland-Beraterin keine Weide, von der die Rinder sich ernähren müssen, sondern eine Weide, die einfach nur einen Auslauf ermöglicht.
Die Bioland-Beraterin schließt ihre Ansprache an die Grampps mit folgendem Satz: „Ich glaube, ein Teil eurer Ängste ist unbegründet.“ Wenn das keine gute Nachricht ist für die Biobauern ist!