„Sie sind eine aussterbende Gattung!“, rief der Politologe Christian Stecker den teilnehmenden Stadträten und Stadträtinnen auf dem Demokratie Forum Kommunalpolitik der Körber-Stiftung zu, das am Anfang April in Berlin stattfand, und zum dem Dr. Susann Freiburg, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Lichtenfelser Stadtrat und Kreistag, eingeladen war.
Aktuell engagieren sich in Deutschland über 200.000 ehrenamtliche Mitglieder in kommunalen Räten für die lokale Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung unter 2.312 ehrenamtlichen Stadt- und Gemeinderatsmitgliedern zeigt: 61 Prozent der Ratsmitglieder sehen ein Nachwuchsproblem auf ihre Kommune zukommen.
Tatsächlich sind 38 Prozent der Ratsmitglieder älter als 60 Jahre; nur 4 Prozent sind jünger als 30! Männer dominieren mit 73 Prozent die Räte; der Frauenanteil liegt bei 27 Prozent. „Ein Spiegelbild der Gesellschaft ist das nicht. Junge Menschen und Frauen sind unterrepräsentiert“, stellte Dr. Susann Freiburg fest. „So kann es passieren, dass Entscheidungen getroffen werden, die die Bevölkerung nicht mitträgt. Das schwächt das Vertrauen in unsere Beschlüsse. Deshalb hoffe ich mit Blick auf die Wahlen im nächsten März sehr, dass wir vor allem junge Menschen und Frauen finden, die sich kommunalpolitisch engagieren wollen.“
Die Mehrheit der Befragten ist nämlich mit den Rahmenbedingungen ihres Ehrenamts grundsätzlich zufrieden (68 Prozent) und kann ihr Amt gut mit Privatleben und Beruf vereinbaren (71 Prozent). Knapp die Hälfte, nämlich 44 Prozent, gab den zeitlichen Aufwand für das Amt mit weniger als fünf Stunden in der Woche an.
„Machen Sie mit! Die Kommunen sind ein zentraler Handlungsort in unserer Demokratie. Das darf man nicht vergessen. Es macht Spaß, sich mit den Bürgerinnen und Bürgern auszutauschen und die Zukunft der Stadt mitzugestalten! Wie die unverhoffte Einladung zum Bundespräsidenten zeigt, lohnt sich der Einsatz. Wann hat man schon die Gelegenheit, das Schloss Bellevue von innen zu sehen und dem Bundespräsidenten die Hand zu schütteln?“, motivierte Susann Freiburg.
Finanznot als größte Herausforderung
70 Prozent der Ratsmitglieder bewerten die finanzielle Lage ihrer Kommune als schlecht oder sehr schlecht, in den ostdeutschen Kommunen sind es sogar 80 Prozent. Für 90 Prozent stellen die fehlenden Finanzmittel die drängendste Herausforderung der kommenden Jahre dar, gefolgt vom Erhalt der Wirtschaftskraft (80 Prozent) und der Energiewende (79 Prozent). Das bundespolitisch viel diskutierte Thema Migration spielt interessanter Weise im Vergleich eine untergeordnete Rolle (57 Prozent), insbesondere im Osten der Republik (44 Prozent).
„Mit Blick auf die angespannte Finanzlage der deutschen Kommunen habe ich beim Treffen mit dem Bundespräsidenten gefordert, den Kommunen einen deutlich höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen zu gewähren“, berichtete Freiburg. Aktuell bekommen die Kommunen nur zwei Prozent dieser Gemeinschaftssteuer. Den Rest teilen sich der Bund mit 52 Prozent und die Länder mit 46 Prozent. Durch eine Erhöhung auf sechs Prozent wäre den gebeutelten Städten und Gemeinden sehr geholfen.
Dr. Freiburg: „Die Tage in Berlin waren toll! Ich empfehle jedem: Mach Kommunalpolitik! Da kannst du die Zukunft deiner Gemeinde, deiner Stadt und damit deiner Kinder, deiner Familie mitgestalten!“